Wohnhäuser Imbach, Hausterassen in der Landschaft, Isabella Marboe, Der Standard, Mai 2004

Isabella Marboe / Der Standard / Mai 2004

Wie Schichtenlinien komponierte Gustav Pichelmann sechs zweistöckige Holzhäuser in die Terrassen am Pfenningberg. Die konstruktive Innovation im geförderten nö. Wohnbau bietet ein vielschichtiges Raumangebot mit viel Naturzugang.

Mehrgeschoßige Wohnhäuser als reine Holzbauten sind im Architekturwunderländle Vorarlberg gang und gäbe, in Ostösterreich eine Rarität. Einen diebezüglichen Pionier im geförderten nö. Wohnbau plante Gustav Pichelmann für den Bauträger BUWOG in Imbach. Er bekam beim NÖ Holzbaupreis 2003 eine Anerkennung.

Maßvoll abgetreppt setzte Pichelmann die sechs zweistöckigen Baukörper wie Schichtenlinien in die terrassierten Weinhügel am Pfeningberg. Die achtsam in die Natur gesetzten Häuser mit Innenstiege sind konsequent als reine Holz-Riegelkonstruktion zwischen zwei tragenden Wandscheiben mit 5 m Spannweite errichtet. Statik und Ausführung erfolgte mit dem Büro Dr. Hollinsky & Partner, sogar die obligate Feuermauer zwischen den drei gekuppelten Einheiten ist eine gipskartonbeplankte Holzkonstruktion, nur der bei zwei Häusern bestehende Keller aus Beton.

Keine 3 km nordwestlich von Krems liegt Imbach. Im Dorfkern steht die 1285 geweihte, älteste zweischiffige Hallenkirche Österreichs, später wuchs der Ort die sanften Hügel des Kremstals empor. Eine enge, steile Gasse führt in scharfer Einmündung vom Kirchplatz zum Nordosthügel, fast eben verläuft sie weiter an der Hangkante. "Am Pfeningberg" heißt sie hier, wo der Ort sacht in die kultivierte Naturlandschaft übergeht. Auf diese Straße münden im SW die sechs benachbarten, kaum 9 m schmalen Parzellen, im NO verlaufen die Grundstreifen fast 85 m tief im Weinberg.

Für den Bauplatz erwirkte Pichelmann eine landschaftskonformere Widmungsänderung von geschlossener auf gekuppelte Bauweise. Eine Geländekante in der Mitte definiert straßenseitig Bau- und rückseitig Grünland. Die Dualität von Gebäude-Natur, öffentlich-privat prägt als Thema in Variationen den Entwurf. Im ganzen Kremstal markieren Holzschuppen und Stadel am Ortsende die fließende Grenze zur Landschaft. Die sechs Holzhäuser nehmen die lokale Tradition auf und führen sie innovativ-zeitgemäß weiter. Komplett in natürlich alternder Lärche verschalt, harmonieren Baukörper mit den Brauntönen der Weinstöcke, Erdschichten und Bauerngärten.

Leicht gegeneinander versetzt, bilden je zwei 150 m²-Einheiten ein Doppelhaus mit Vorgarten, Hinterland und offenem Carport. Über Treppen betritt man den Garten, wo der kleine Geräteschuppen einen Vorplatz schafft, die in Holzlatten integriete Bank dahinter schenkt geschützten Panoramablick aufs Tal. An der Grenze zum Nachbarn schreitet man auf Betonplatten an der wohnraumerweiternden Nische im SO vorbei zum Eingang, der wieder einen Vorbereich artikuliert. Platzsparend komprimiert liegt mittig im Haus die Holzstiege mit Abstellraum und Toilette. Sie führt hinauf, wo es ein großzügiges Bad mit Doppelwaschbecken, Wannen-Duschnische und Ausblick gibt.

Von der Terrasse vorm großen SW-Zimmer sieht man die Ruine Senftenberg, der Raum mit Naturpanorama im NO ist teilbar. Kostenmindernd und kreativitätsfördernd ist der Innenausbau von künftigen Bewohnern im Eigenleistung zu erbringen. Straßenseitig ist im Erdgeschoß ein großer Wohnraum mit Küchenanschlüssen. Raumhoch verglast, öffnet er sich zwischen den vorgezogenen, tragenden Wandscheiben zur wind- und blickdicht geschützen Veranda. Im SO weitet sich der Einraum zur Nische mit Tal und Weinbergperspektive. Auch hangseitig bietet das Haus einen wohlproportionierten, mit umhauster Terrasse ins Freie erweiterten Raum, der u.a. als Büro, für Adoleszente oder zur Pflege eines Elternteils nutzbar ist. Als subtiler Verweis auf Gebaute fasst ein Betonrahmen hier malerisch die Natur ein, in die sich die Häuser mit begrüntem Flachdach rücksichtsvoll einfügen.

Isabella Marboe / Der Standard / Mai 2004